1990

Im Februar 1990 entgleiste bei der Einfahrt Pfäffikon SZ ein Güterzug, der Güterwagen zum Rangieren nach Ziegelbrücke bringen sollte. Die Aufräumarbeiten wurden erschwert, weil in der Schweiz ein grosser Sturm unter dem Namen „Vivian“ einsetzte. Dieser fällte in der Schweiz grosse Waldflächen. Diese Bäume wurden vielfach in ganzen Güterzügen nach Österreich gefahren, wo die Bäume zu Brettern verarbeitet wurden.

Während etwa zwei Tagen war um Pfäffikon SZ Busbetrieb, es verkehrten keine durchgehenden Züge zwischen Zürich und Chur.

Die Güterzüge nach Ziegelbrücke fuhren von Zürich, über Rorschach, der Abgang der Güterzüge nach Zürich war über Rapperswil und Uster. Man konnte fast froh sein, das zum selben Zeitpunkt die Zürcher S-Bahn noch nicht in Betrieb war.

In diesem Jahr wurde ich auch ausgebildet, so dass ich mit dem Te III Streckenfahrten ausführen durfte.

Da die Konjunktur sich etwas erholte, war der Bestand der Lokführer wieder etwas knapp geworden.

So durften wir neu am späten Nachmittag, die Güterwagen in Näfels-Mollis holen. Der Bereich den wir fahren durften, erweiterte sich. Bis dahin fuhren wir nur nach Bilten, Nieder-Oberurnen und Schänis.

Nach Schänis hatte es noch einige Bahnübergänge, die nur durch Andreaskreuze gesichert waren und vor denen Pfeifsignale abgegeben werden mussten. Diese Bahnübergänge wurden sukzessive aufgehoben oder durch Bahnschranken gesichert.

Jetzt hatten wir wieder zwischen Oberurnen und Näfels einen solchen Übergang mit Pfeifsignal und Andreaskreuzen. Mir und vermutlich auch anderen, waren solche Übergänge immer etwas ungemütlich. Die Disziplin der Leute liess trotz Pfeifsignale immer mehr zu wünschen übrig. Auch weiss man nicht, was für Gedankengänge Personen oder Fahrzeuglenker haben, die sich in der Nähe solcher Übergänge befinden. Kinder halten solche Übergänge manchmal als Spielplätze.

Später wurde dieser Übergang auch durch Schranken gesichert, weil sich das Wohnquartier ausdehnte und Pfeifsignale die Ruhe störten.

Wegen dem obengenannten Lokführermangel fiel für einige Monate der erste Güterzug von Ziegelbrücke nach Flums aus. Dieser Güterzug sollte Ziegelbrücke um fünf Uhr am Morgen verlassen, die Lasten für diesen Güterzug wurden am Vorabend formiert. Damit die Bahnstationen am Morgen trotzdem Güterwagen zustellen konnten, musste die Last folgendermassen abgeschoben werden:

Am Morgen holte der Rangiertraktor von Weesen die Wagen für Weesen, Mühlehorn und Murg bei uns ab. Mühlehorn und Murg wurden damals mit dem Traktor von Weesen verteilt. Da Murg beim Anschlussgeleise der Spinnerei keinen Fahrdraht hatte, musste zum zustellen der Wagen der Tm I von Mühlehorn zusätzlich mitgenommen werden. Da Weesen damals nur ein Te II hatte, musste am Vorabend schon ausgerechnet werden, wie viele Tonnen an Güterlast nach Weesen mitgegeben werden konnte. Bei viel Last wurden die wenig wichtigen Wagen nach Weesen, am zweiten Güterzug mitgegeben, dieser fuhr regulär mit einer Lok nach Flums.

Die Wagen nach Unterterzen, Walenstadt und Flums wurden an einen Schnellgutzug angehängt, der von Zürich-Mülligen nach Chur verkehrte. Dieser Schnellgutzug brachte uns damals die Postwagen für das Glarnerland. Die Postwagen wurden bei uns an einen Regionalzug, der nach Linthal fuhr angehängt.

Auch kam es immer wieder vor, dass an Wochenenden Reisegruppen ab Ziegelbrücke nur bis Schänis oder Nieder-Oberurnen reisten. Da wurde ein Extraanschlusszug mit einem Personenwagen und dem TeIII nach Nieder-Oberurnen oder Schänis gefahren. So musste nicht wegen einer Reisegruppe auf der ganzen Strecke zwischen Rapperswil und Linthal ein zusätzlicher Personenwagen angehängt werden, oder wurde der Zug mit einer „Mirage“ RABDe 12/12 geführt, sogar eine zusätzliche Triebwageneinheit mitfahren.

 

 

 

 

Einführung S-Bahn Zürich

Auf den Fahrplanwechsel 1990 wurde die S-Bahn von Zürich eingeweiht. Ziegelbrücke wurde Anfangs-und Endpunkt der Linie S 2, die damals noch von Ziegelbrücke bis Wetzikon fuhr. Da die Anzahl Doppelstockzüge DPZ 450 noch viel zu wenig war, wurde diese Linie wie andere durch vierteilige RBe 4/4 Pendeleinheiten, bestehend als RBe 4/4, A, B und BDt, manchmal auch Dt betrieben. Dt war für die Fahrgäste besonders „schön“, fehlten doch wieder einige Sitzplätze, aber es war Mangel an Steuerwagen. Obwohl wir Angst hatten, wegen dem Einsatz von Pendelzügen weniger Arbeit zu haben, haben wir auf diesen Fahrplanwechsel recht Arbeit bekommen. So mussten bei einigen Zügen Einheiten zu-oder weggestellt werden. Fuhren doch bis zu drei Einheiten in einem Zug. Diese Arbeit war auch Samstag und Sonntag zu bewerkstelligen. Vor allem an Sonntagabenden war es die Arbeit, die am folgenden Werktag zu verkehrenden Einheiten zusammen zu fügen. Anfangs hatten immer noch nicht alle Steuerwagen und Triebwagen eine Kupplungseinrichtung, sie hatten nur die Zughacken wie bei der Ablieferung ab Fabrik. Da musste im Steuerwagen in der Zugführerkabine oder im Führerstand des Triebwagens, unter dem Sitz des Beimannes des Lokführers, die Hilfskupplung geholt werden und in die Zughaken gehängt werden. Nach dem einhängen der Kupplung war das Vielfachsteuerkabel, VST-Kabel genannt zu kuppeln, dies ist wichtig, dass alle Triebfahrzeuge von einen Führerstand gesteuert werden können. Dieses Kabel, aus 42 Adern bestehend, hat auf beiden Seiten schwere Stecker aus Guss. Die Stecker werden bei den Steckdosen auf der Stirnseite der Trieb-bzw. Steuerwagen eingesteckt und mit einer 45 Grad Drehung kommen die richtigen Pole aufeinander. Arretiert wird diese Kabel von einem Zapfen, der am Stecker angegossen ist. Leider waren diese Zapfen vielfach durch nicht sorgsames behandeln des VST-Kabels abgebrochen. Dann musste vor dem Kuppeln auch noch um Ersatz gesorgt werden. Weiter musste ein Bremsschlauch für die Bremsen, ein Hochdruckschlauch für die Pneumatik der Türsteuerung und das UIC-Kabel für Licht, Lautsprecher usw. gekuppelt werden. Die Stecker für das UIC-Kabel wurden erst sukzessive oberhalb der Puffer eingebaut, so dass das Kabel während des Kuppelns vom Boden aus gesteckt werden konnte und nicht auf die Kupplung geklettert werden musste. Waren diese Stecker sonst oben bei den Stirntüren. Das war manchmal eine Turnerei. Bleibt noch zu erwähnen, die VST-Kabel und UIC Kabel wurden vor dem zusammenfahren zwischen die Wagen gelegt, sonst wären die Körperlichen Verrenkungen noch grösser gewesen. Zum Glück mussten die Verbindungen der Personenübergänge, die damals noch vorhanden waren, nicht gekuppelt werden! Stellen Sie sich dies einmal im Winter bei Schneefall vor! Hatte eine Zugeinheit einen Defekt und musste in Schleppfahrt mitfahren, kam zusätzlich noch ein Hilfsheizkabel, das diagonal gesteckt werden musste. So hatten die Fahrgäste bei der defekten Einheit ein warmes Abteil. Beim stecken der elektrischen Verbindungen, müssen die Stromabnehmer der Triebfahrzeuge gesenkt sein, weil beim VST-Kabel dürfen keine falschen Kontakte aufeinandertreffen und beim Heizkabel gibt es bei 1000 Volt Lichtbogen, die können einem Rangierer die Hand abbrennen.

Die heutigen Doppelstockzüge haben automatische Kupplungen und wir somit keine Arbeit mehr.

Die RBe 4/4 Triebwagen wurden in diesen Jahren Sukzessiv einer Hauptrevision unterzogen, erhielten dabei den Farbwechsel von Grün auf Blau und die bündigen Aussentüren für den Kondukteurlosen Betrieb KlB. Neue Bezeichnung lautete RBe 540.

 

    

RBe 4/4 Pendel als S2 von Ziegelbrücke nach Effretikon in Au ZH, der Triebwagen ist äusserlich, ausser den roten Stirnfronten und einem fehlenden Personenabteil, noch fast im Ursprungszustand. Das Fenster des Personenabteils wurde durch ein Gitter ersetzt, dahinter wurde ein Lastschalter für den Stufenschalter eingebaut. (Foto Peter Suter)

 

 

Hilfsvisiteur?

Einmal entdeckte ein Lokführer während des Aufenthaltes, dass an „seiner“ S-Bahn ein Bremsklotz an einem Wagen abgebrochen ist. Da er die Bremse am betreffenden Wagen nicht ausschalten wollte und die Komposition den ganzen Tag im Umlauf war, bat er mich, ihm zu helfen, einen neuen Bremsklotz zu montieren. Neue Bremsklötze hatten wir auf dem Bahnhof, aber zwischen dem Jahre 1987 und 2000 keinen Visiteur. Es versteht sich von selbst, dass ich die schmutzigste Arbeit erledigte. Aber wenn man damals einen Schienentraktor führte, musste man auch im Stande sein, Bremsklötze

zu wechseln.

 

 

NPZ bei uns

Anfangs der 1990er Jahre wurden im Glarnerland die Lokbespannten Züge auf Bestreben des einzigen Nationalrates im Kanton Glarus durch vierteilige NPZ abgelöst. Die Zwischenwagen dieser NPZ hatten noch keine bündigen Seitentüren, weil die Züge damals noch begleitet waren. Die bündigen Seitentüren kamen erst 1994 mit dem Kondukteurlosen- Betrieb, auch KlB genannt. War ein NPZ im Lokdepot beim Unterhalt, fuhren als Ersatz BDe 4/4-Triebzüge, was zu selbiger die ältesten Triebwagen waren. Sonst sah man diese Triebwagen noch nicht bei uns. Die Züge von Rapperswil fuhren in Ziegelbrücke erst nach Abfahrt des Schnellzuges bzw. Intercity nach Chur ein. Züge nach Rapperswil fuhren in Ziegelbrücke vor Ankunft der Schnellzüge bzw. Intercity von Chur ab.

Fahrgäste der Linthebene nach oder von Chur mussten mit der Buslinie reisen, die neu eingeführt wurde. Fahrgäste von Rapperswil erhielten über den Seedamm den Anschluss an die Schnellzüge nach oder von Chur.

Das ging einige Fahrplanperioden so. Eine von Steuergeldern finanzierte Buslinie im Gasterland muss auch benutzt werden.

Damals wurden in Uznach, wie auch andernorts, die Züge durch einen Abfahrtsbeamten abgefertigt. So entdeckte ein solcher bei der Abfahrt in Uznach bei einem NPZ, der von Rapperswil nach Linthal fuhr, dass eine Drehgestellfeder bei einem Zwischenwagen gebrochen ist. Dieser Zwischenwagen wurde während des zehnminütigen Aufenthalt des Zuges in Ziegelbrücke ausgereiht. Das Gepäckabteil, bzw. der Triebwagen stand bei dieser Fahrplanperiode Seite Linthal. So musste der Lokführer nicht den Führerstand wechseln und das ausreihen könnte zügig vorgenommen werden. Der Zug fuhr einfach als dreiteilige Einheit weiter.

 

 

1991

Im Jahre 1991 wurde ich zum Rangiervorarbeiter befördert. Bekam am Käppi einen Streifen und bei der  Uniformkleidung gab es den feinen Zwirn. Bald darauf wurden Uniformen bei der Bahn und Post abgeschafft. Es gab dafür endlich praktischere Arbeitskleidungen.

Ebenfalls, es muss im Winter dieses Jahres gewesen sein, meldete ein Lokführer am linken Zürichsee, dass er Bremsprobleme mit seinem Personenzug habe. Vor diesem Zug fuhr ein Kesselwagenzug. Dieser Kesselwagenzug wurde zur Kontrolle in Ziegelbrücke auf ein Nebengeleis herausgenommen.

Bei diesem Kesselwagenzug entdeckte ich, bei einem Wagen tropfte massiv Öl aus einem Wagen. Dieser Wagen wurde weggestellt und unter diesem Wagen eine Ölwehrsperre, wie es bei Kursen gelernt wurde, errichtet. Es wurde glücklicherweise auch festgestellt, dass es Schweröl war. Schweröl erstarrt bei Kälte schnell und lässt sich gut binden. Später traf ein Lösch-und Rettungszug ein, dessen Mannschaft pumpte das Schweröl in einen anderen Kesselwagen um. Ursache war ein Leck an der Heizleitung des Kesselwagens. Schweröl muss aufgeheizt werden und lässt sich nur im warmen Zustand umpumpen, sonst ist es eine klebrige Masse wie Bitumen.

Da wäre die Frage der Feuerwehrabgabe. Da wir im Schichtdienst arbeiteten war es nicht möglich, Feuerwehrdienst zu leisten, darum mussten wir die Feuerwehrabgabe in Form von Steuern leisten.

Wir sollten aber auch in der Lage sein, einen Feuerlöscher zu bedienen und Ölwehrsperren zu bauen, wie es dieser Einsatz gezeigt hat und hatten deswegen Betriebswehrkurse.

An solchen Übungswagen wurde geübt, wie bei einer Havarie die Löcher im Kessel zu stopfen gewesen wären und Ölwehrsperren angebracht werden können. Man sieht die Löcher im Behälter.

Der Wagen wurde mit Wasser gefüllt, durch öffnen von Ventilen konnte das Wasser aus den entsprechenden Löcher fliessen. Das Stopfen der Löcher geschah mit Holzpfropfen die mit Lumpen umwickelt waren. (Foto c Oliver Beretta)

 

 

Hochzeitsfahrt gerettet?

An einem Herbstsamstag im Jahre 1992 hatte ich den Spätdienst. In Samstagern war noch die Werkstätte von Oswald-Steam- Samstagern, genannt OSS. Diese sollten an diesem Tag mit alten Personenwagen und der Dampflok „Tigerli“ E 3/3 8501 nach Näfels fahren um dort ein Hochzeitspaar abholen. Zu selben Zeit als der Dampfzug Richtung Näfels rollen sollte, musste ich in Gleis 3 noch eine defekte Birne des Ausfahrhauptsignals wechseln. Es kam gerade recht, so sehe ich den Dampfzug. Als der Dampfzug im Gleis 10 in Ziegelbrücke war, hielt er an, statt durchzufahren. Damals gab es noch kein Handy und Zugfunk, darum lief ich zu diesem Dampfzug. Bei diesem angekommen, sah ich, dass der Lokführer mit dem Schlauch, mit dem wir sonst den Personenwagen Wasser in die Tanks füllten, das Feuer im Kessel ausmachte. Der Lokführer meinte, die Kesselspeisepumpe sei defekt, er könne mit Dampf nicht mehr weiterfahren. Er meinte, er nehme bei einem Güterzug, der bis Montag im Bahnhof stehe, die Ae 4/7 weg, er könne diese Lok auch fahren, obwohl er bei der Südostbahn arbeite. Also holte ich die Dampflok mit dem Te III weg, der Lokführer nahm die Ae 4/7 in Betrieb und stellte diese an den Zug und fuhr weiter nach Näfels. Als der besetzte Hochzeitszug von Näfels in Ziegelbrücke eintraf, stellte ich mit der Ae 4/7 die defekte Dampflok wieder an den Zug, dann konnte dieser weiter nach Pfäffikon SZ fahren. Ich erfuhr erst danach, dass ein Lokführer aus Näfels geheiratet hatte und diesen Zug bestellt hatte. Als ich diesen wieder einmal sah, sprach ich ihn an, mit der Bemerkung, ihm die Hochzeit gerettet zu haben. Er tat so, als nehme er den Geldbeutel aus der Hosentasche. Ich sagte aber, dass Teilnehmer der Hochzeitsgesellschaft während meiner Arbeit Fotos gemacht haben, ich will wenn möglich ein solches Bild. So bekam ich einige Zeit später Bilder von diesem Samstag. Schliesslich muss die Arbeit auch auf Bildern belegt werden.

E 3/3 8501 ex SBB, ex EMS-Chemie, ex OSS, heute Museumsbahn Mendrisio, der Autor stellt das „Tigerli“ mit einer Ae 4/7 wieder an den Hochzeitszug (Foto Fridolin Bühler)

 

Die Dampflok 8501 hatte Oswald nach Übernahme von der EMS-Chemie Ende der 1970er Jahre im Lokdepot Glarus revidiert, weil sein Gebäude in Samstagern noch nicht fertig gebaut war. Oswald soll ein Verwandter vom früheren EMS-Chemie Besitzer Oswald gewesen sein, der die EMS-Chemie an Blocher verkaufte. Auch die Kriegsdampflok 52 221, die heute auf der VVT fährt, hatte Oswald einige Zeit in Glarus remisiert. Diese Überfuhr von Ems nach Glarus geschah etwa im Jahr 1978 im Schlepp einer Ae 6/6. Oswald-Steam -Samstagern wurde nach 1992 bekanntlich mitsamt der Sammlung aufgelöst.

 

 

Altpapiersammlung

In diesen Jahren gab es immer Altpapiersammlungen, die meistens durch Schulen oder Vereine durchgeführt wurden. Dazu wurden entweder zweiachsige Wagen vom Typ E, oder vierachsige Wagen vom Typ Eaos oder Eanos beladen. Diese Wagen wurden meistens an den Schuppenrampen beladen. In Schänis öffnete  einmal eine Sammlergruppe bei einem Eaos die Seitentüre, damit bequemer geladen werden konnte und somit nicht alle Papierbündel über die Wagenkante geworfen werden musste. Als die Sammlung zu Ende war und die Wagendecke über den Wagen gelegt werden konnte, wollten diese die Wagentüre schliessen. Nur ging es nicht mehr, weil sich der Wagen, bzw. die Wagenfedern durch die Papierladung gesenkt haben, die Wagentüren stiessen an der Kante der Schuppenrampe an. Ich musste an einem Samstagnachmittag als Extrafahrt mit dem Te III nach Schänis fahren. Den Eaos vorziehen, die Türen schliessen und nachher den Wagen wieder an die Rampe stellen. Dann konnten die Sammler auch noch den Raum hinter den Wagentüren auffüllen und die Decke über dem Wagen legen und binden.

 

 

ÖBB 1822

Anfangs der 1990er Jahre baute man in Österreich die Lok 1822. Die Lok sollte mit 15 KV-Wechselstrom und 3000 Volt Gleichstrom fahren können. Damit wollte die ÖBB direkte Züge über den Brenner fahren. Die Lok wurde im ABB- Werk in Zürich in Betrieb genommen und führte Probefahrten nach Buchs SG durch. Die Drehgestelle waren gleicher Bauart wie die der Re450, die auch damals geliefert wurden. Die Lok ging nie in Serie und es blieb bei fünf Prototypen.

An einem Güterzug vom RBL nach Buchs (SG) wird hinter der Ae 6/6, eine ÖBB Mehrsystem-Güterzuglokomotive der Baureihe 1822 überführt (Foto Marcel Manhart)

 

 

Ablieferung Lok 2000

Ab 1992 erfolgte auch die vermehrte Ablieferung der Re 460, auch Lok 2000 genannt. Von den 113 bestellten Loks sollten 75 Loks für einen geplanten aber nicht realisierten Huckepackkorridor für LKWs am Gotthard sein. Dieser Huckepackkorridor wurde dem Stimmbürger vorgegaukelt, die 40- Tönner sollen in der Schweiz auf den Schienen statt auf der Strasse fahren. So wollte man uns auf die bevorstehenden Abstimmungen über die EU-Verträge weichkochen. So belog uns die Regierung schon damals und macht dies heute noch mehr. Wir alle wissen, fahren heute alle 113 Loks im Personenverkehr. Auch wurde diese Lokbestellung zum ersten Male in der Schweiz gemäss internationalen Abkommen öffentlich ausgeschrieben. Das war das letzte Mal, dass die Schweizer Lokindustrie das Rennen machte, heute gibt es keine Schweizer Lokindustrie mehr.

Der elektrische Teil wurde im ABB-Werk Oerlikon montiert und wie bei den Re 4/4 II und Re 6/6, wurde die Last-und Abnahmeprobefahrt nach Chur und retour absolviert. Diesmal aber immer mit Schnellzügen, als Vorspann der Zuglokomotive. Die Hinfahrt nach Chur war im Schnellzug der bei uns um 10 Uhr von Zürich ankam, die Retourfahrt beim Schnellzug der um 13 Uhr von Chur nach Zürich verkehrte. Einmal mussten wir bei einer solchen Abnahmefahrt die Lok 460 beim ankommenden Schnellzug von Zürich mit dem Te III vom Zug wegholen, weil Störungen gemeldet wurden. Die Loks wurden bei diesen Abnahmefahrten immer von Technikern der Lokindustrie begleitet. Diese rotierten nur so in der Gegend herum. Die Lok stellten wir in ein Nebengleis. Dann wurde die Lok wieder von den Technikern fahrfähig hergerichtet und sollte als Lokextrazug nach Zürich zurückfahren. Nach Abfahrt blieb diese Lok auf dem Bahnübergang Seite Bilten stehen, nichts ging mehr. Die Lok musste mit dem Te III wieder in den Bahnhof gezogen werden und wurde dann am Nachmittag mit einem Postgüterzug nach Zürich abgeschleppt. Es gab auch bei den schon abgelieferten Lokomotiven Re 460 vielen Störungen. So mussten bei Lokstörungen der Re 460, Vorkriegsloks vom Typ Ae 4/7 vorgespannt werden, so dass die Züge weiterfahren konnten. Teilweise waren die Störungen an den Loks Re 460 so gross, dass diese Loks zeitweise nur noch Güterzüge fahren durften, bis die Hersteller das ganze einigermassen im Griff hatten. Es wurden zum ersten Male keine Prototypen mehr gebaut und erprobt wie in früheren Jahren. Böse Zungen sprachen gar von den 113 Prototypen. Das Ganze hat sich so eingebürgert, es werden heute ganze Lokserien bestellt, der Optimierungsprozess findet heute bei den abgelieferten Fahrzeugen statt.

Die Lok 2000 wurde später als fahrende „Werbesäule“ benutzt, ein Fotofilmhersteller machte dabei den Anfang.

Lok 460 oder Lok 2000 mit Intercity am Linthkanal (Foto Paul Bickel)

 

Diese Loks waren wie die früheren Loks für alle Zugsgattungen vorgesehen und wurden auch entsprechend eingesetzt. So auch mit Militärzügen. Ich hatte einmal einen solchen in Bilten. Zum Be-und Entlad solcher Züge muss die Fahrleitung ausgeschaltet und geerdet werden und somit muss die Lok auch ausgeschaltet werden. Bei solchen modernen Loks geht das Ein-und Ausschalten immer länger, als bei den Loks früheren Generationen. Wird doch alles über einen Bordrechner gesteuert.

Eine Anzahl Lokomotiven der BLS vom Typ Re 465 wurde von der SBB beschafft. Diese Re 465 fuhren Anfangs auch mit Schnellzugsleistungen nach Chur. Später übernahm die BLS diese Loks und somit verschwanden sie aus unserer Gegend.

 

Museumslok RhB Ge 2/5

1992 war übrigens die RhB Ge 2/4 205, die sonst beim Technikum in Winterthur stand, in einer Revision in der Werkstätte der RhB in Landquart. Mittlerweile wurde diese Lok in Winterthur auch entfernt und befindet sich in der Obhut von Eisenbahnfreunden. Die Lok war auf einem Rollschemelwagen geladen und befand sich in einem Güterzug, der in Ziegelbrücke die Zementsilowagen nach Nieder-Oberurnen brachte. Diese Zementwagen fuhren wie früher, direkt von Landquart nach Ziegelbrücke und nachher nach Nieder-Oberurnen. Auch wenn die Rangierarbeit wegfiel, die Zementwagen fuhren bis etwa 2003 diesen direkten Weg von Zizers nach Nieder-Oberurnen und nicht via RBL.

Ge 2/4 205 der RhB auf Rollschemelwagen für Schmalspurfahrzeuge ( Foto Christoph .Kramer)

 

 

1993

Im Jahre 1993 war wiederum die Sparkommision zu Gast. Neu hatten wir sogar im Frühdienst Pausen, an denen wir heimgehen konnten. Schöne Arbeitszeiten, von 4 Uhr bis 8 Uhr und von 10 Uhr bis mindestens 14 Uhr. Der Niedergang machte sich bemerkbar.

 

 

Schweizer Film

Auf der Bahnstation Näfels-Mollis wurden in dieser Zeit Szenen vom Schweizer Spielfilm „Wachtmeister Zumbühl“ gedreht. Ich fand den Film gut, schloss doch dieser ein wenig an die Nostalgie des alten Schweizerfilm an.

Filmszene Waage in Näfels-Mollis (Quelle Wikipedia)

Filmszene in Näfels-Mollis beim Freiverladegleis (Quelle Wikipedia)

 

 

Kombirail

Um 1990 wurde, vermutlich von privater Seite, wieder einmal versucht, den Güterverkehr etwas attraktiver für den Schienenverkehr zu gestalten. Dazu verkehrte zwischen dem Mittelland und dem Bündnerland ein Kombirailwagen. Dies waren zwei verstärkte Sattelbrücken, die an zwei Drehgestellen aufgehängt waren. Auch dieses Experiment fand bald ein Ende. Wir selber hatten nichts mit diesem zu tun. Der Kombitrailer wurde gesichtet, weil er in einem Güterzug von Chur nach dem RBL verkehrte, bei dem wir auch noch Güterwagen anhängten.

 

 

Unfälle

Bis zum Jahresende 1993 blieben wir von Unfällen und Entgleisungen weitgehend verschont. Ich kann mich nur an zwei Entgleisungen erinnern, die aber technisch waren. Es war jedes Mal die Aufhängung an der Wagenfeder, die defekt war. Beim Ausreihen aus dem Zug entgleiste der Wagen, weil keine Führung des Wagens durch den Zug mehr vorhanden war. Einmal war es ein Occasionswagen vom Typ Ks, der von der SNCF gekauft wurde. Diese Wagen wurden wegen Bauarbeiten für die „Bahn 2000“ gekauft, waren teilweise in keinem guten Zustand und hielten sich nicht lange. Ein andermal war es an einem Freitagabend ein E-Wagen, beladen mit Papierholz. So staunte ich, als ich an einem Samstagmorgen vor 4 Uhr in der Früh den Bahnhof betrat und der Hilfszug mit einem defekten Wagen im Schlepp abfuhr. War doch damals um diese Zeit kein Zugsbetrieb.

Auf der Westseite gibt es von den vorderen Gleisen Rangierfahrstrassen, die mit einem „schrägen“ Fahrbegriff am Zwergsignal, über mehrere „Engländer“ und Einfache Weichen fahren. Einmal fuhr ich bei Dunkelheit mit einer Rangierfahrt, die nur aus einer Ae 4/7 bestand, vorwärts über eine solche Rangierfahrstrasse. Vorwärts ist immer der Führerstand, der vom Lokführer besetzt ist. Ich befand mich auf der hinteren offenen Plattform der Lok. Auf der äussersten Weiche denke ich noch, die Lok fährt etwas rau, aber bei dem langen Rahmen dieser Lok war dies normal. Da erklärte mir der Fahrdienstleiter am Funk, dass wir eine Weiche aufgeschnitten haben. Ich kam ins Grübeln. Was war da falsch gelaufen? Ich wollte nach vorn zum Lokführer laufen, da er Zeuge der Rangierbewegung war. Da erklärte mir aber der Fahrdienstleiter, er habe selber einen Fehler gemacht. Er habe etwas mit der Zugspeicherung gemacht, darum sei die aufgeschnittene Weiche zu früh umgelegt worden. Wir kontrollierten die Weiche, diese war in Ordnung und das Ganze war abgehakt.

Das später die Unregelmässigkeiten mehr wurden, rechne ich dem Druck an, der vermehrt auf den Leuten lastete.

 

 

 

Garantie und Nacharbeiten DPZ 450

In dieser Zeit hatte die damalige ABB in Samstagern von den SOB Werkstättenplatz gemietet, um die Garantie und Nacharbeiten, genannt GNA, der DPZ auszuführen. Waren von den DPZ 450 wie auch von der Lok 2000 über hundert Stück auf einmal bestellt worden. In der Schweiz gab es solches bisher noch nie. Die Firmen gerieten in einen grossen Zeitdruck. Obwohl die DPZ zu jener Zeit noch nicht nach Ziegelbrücke verkehrten, fanden die Abnahmefahrten nach der GNA zu uns statt. Dabei musste je zwei Rangierfahrten gegen die Ausfahrten nach Weesen und Bilten gefahren werden. Dazu durfte der Lokführer aber die „Manöver-Taste“ nicht drücken, um beim Zugsicherungsmagnet beim Ausfahrsignal eine Überfahrt über das geschlossene Signal zu simulieren. Es gab jedesmal eine Zwangsbremsung. Diese Arbeit hatte ABB wohl richtig gemacht. Als Rangierer galt es sich dabei immer gut festzuhalten, wenn man dabei nicht umfallen wollte.

 

 

S-Bahn wird Regionalzug

Es gab immer Bemühungen, rationell und sparsam zu sein. Als die S 2 noch mit RBe 4/4 Triebwagen verkehrte, gab es folgende Rationalisierungsmassnahme. Am Abend waren bei einer S 2 bei der Einfahrt sofort die Personenwagen vom Triebwagen RBe 4/4 abzuhängen und der RBe 4/4 fuhr dann als Solotriebwagen ohne Zugpersonal weiter als Regionalzug nach Chur und verrichtete am weiteren Abend auch die anderen Personenzugleistungen auf dieser Strecke. Auch RBe 4/4, die noch nicht die KlB-Ausrüstung hatten, verrichteten diese Leistungen. Der Umbau der RBe 4/4 mit der verbundenen Umzeichnung auf RBe 540 war damals gerade im Programm der Werkstätten. Da die Personenwagen BDt, B und A Seite Chur an den S-Bahnen standen, mussten diese immer sofort mit dem Te III weggestellt werden, damit der RBe weiterfahren konnte. Manchmal stand der Pendel verkehrt, dann pressierte es nicht, die Wagen wurden erst nach Abfahrt des RBe 4/4 abgeholt. Die Wagen wurden erst am anderen Morgen wieder an den RBe 4/4 gekuppelt und wieder in den S-Bahnverkehr eingeführt. War es an einem Freitag, fuhr der RBe 4/4 sogar während dem Wochenende im Regionalverkehr zwischen Chur, Buchs und Ziegelbrücke. Da wurde der Triebwagen erst am Montagmorgen wieder mit seinen Wagen gekuppelt.

Sonst fuhren zwischen Ziegelbrücke und Sargans immer noch Kompositionen, die meistens aus Lok Re 4/4 II und LS-Wagen bestanden. Die LS-Wagen wurden laufend ausrangiert und durch EW I und II ersetzt. Es war ein Mangel von AB-Wagen vorhanden. Da wurden in dieser Komposition einfach RIC- Wagen vom Typ ABm eingesetzt. Ebenfalls wurde in diesen Kompositionen ein LS-A eingereiht, an dem ein Prototyp einer Türe des Doppelstock IC erprobt wurde.

 

 

Bahnen verschwinden, andere Bahn erscheinen neu

Da 1990 die DDR und BRD wiedervereinigt wurden, kam es 1994 auch zum Zusammenschluss der beiden Deutschen Bahnen. Die Reichsbahn der DDR und die Deutsche Bundesbahn wurden zu einer Bahn, der Deutschen Bahn AG. Damit verschwand die Länderziffer 50 an den Bahnwagen der DDR, alle Wagen erhielten die Länderziffer 80, die schon vorher die DB hatte.

Schon nach Mauerfall verkehrten die Wagen der DR freizügig mit Wagen der DB. In Ostdeutschland gab es auch ohne Reich bis 1994 eine Reichsbahn. Dies wegen den Alliierten Abkommen über den Verkehr mit Berlin.

Durch Fall des „Eisernen Vorhangs“ verschwand auch der Güterwagenverband OPW.

Durch das auseinanderfallen von anderen Staaten in Osteuropa entstanden aber auch wieder neue Eisenbahngesellschaften und somit neue Länderziffern, die man in den immer kürzer werdenden Güterzügen sah, die gegen